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Beitrag vom 01.10.2019
Ludwig Übele
Schriftgestalter

Schrift & Geld

Mal überlegen … also Geld braucht keine Schrift. Da reichen Ziffern. Schrift und Geld; ich glaube Schrift und Geld, das ist eine schwierige Beziehung, weil Schrift sehr speziell ist. 99 Prozent aller Menschen sehen keinen Unterscheid zwischen einer wirklich guten Schrift und einer Schrift, die nur okay ist. In diesem Unterschied liegt aber die meiste Arbeit. Aber die bezahlt dir im Grunde keiner, weil es den meisten sowieso nicht auffällt. Deswegen ist es auch so, dass ganz viele Schriftentwerfer gar nicht vom Entwurf leben, sondern irgendwelche Grafikjobs nebenher machen, um quasi ihre Schriftleidenschaft zu finanzieren.

Schrift & Verantwortung

Oh ja. Die Sache ist die, dass an Qualität immer nur das vorhanden ist, was auch gefordert wird. Und gefordert werden im Grunde nur mittelmäßige Schriften, weil sogar den meisten Designern der Unterschied zwischen einer guten und einer mittelmäßigen Schrift nicht auffällt. Es ist tatsächlich schwierig, die Qualität hochzuhalten. Ich glaube jedoch, wenn man die Schriftkultur weiter so fortführen will, wie wir sie bisher haben, ist es eine große Verantwortung. Denn die meisten geben sich mit mittelmäßiger Schrift zufrieden.

Wenn jemand eine Schrift ganz alleine entwirft, dann ist da immer sehr viel Persönlichkeit drin

Schrift & Heimat

Ich bin mir nicht sicher, ob eine Schrift sowas wie eine Heimat hat oder ob man eine Schrift an einen Ort binden kann. Es wird zwar immer wieder gesagt, dass man an der Schrift sieht, ob der Designer zum Beispiel Franzose oder Italiener ist, aber ich weiß nicht, ob das tatsächlich stimmt. Was ich allerdings glaube ist, dass eine Schrift immer etwas vom Entwerfer hat. Ich glaube, wenn jemand eine Schrift ganz alleine entwirft, dann ist da immer sehr viel Persönlichkeit drin, ähnlich wie bei der Handschrift. Und da ist dann vielleicht auch mit drin, welche Heimat der Entwerfer hat. Sei es jetzt lokal, also geographisch, oder zum Beispiel, was für eine Einstellung er hat.

Ludwigs neue »Niko«

Schrift & Frauen

Es gibt erstaunlich wenig Frauen die Schriften gestalten, komischerweise wie ich finde. Aber es werden ja glücklicherweise immer mehr. Ich glaube nicht, dass der Grund in der Schrift liegt, sondern in der Gesellschaft. Ob es weibliche und männliche Schriften gibt? Ich glaube nicht, auch wenn das immer wieder gerne behauptet wird.

Schrift & Mut

Mutige Schriften … also bei mir persönlich ist es so, dass ich mir immer wieder bewusst machen muss: »Mach was du willst!«. Weil man ja natürlich immer von dem beeinflusst ist, was drumherum passiert. Man sieht etwas und denkt: »Ah, sowas würde ich auch gerne machen.« Da würde man dann aber etwas nachmachen. Ich sage mir dann immer wieder »Nee, lass mal, mach lieber was eigenes!«. Und das erfordert einen bestimmten Mut, weil man natürlich erstmal nicht weiß, ob das erfolgreich wird. Was schon erfolgreich ist, wird auch immer erfolgreich sein, oder sagen wir meistens. Also erfordert es immer wieder Mut. Und das muss ich mir auch immer sagen: »Mach mal was Neues, und mach nicht etwas, was es schon gibt«.

Niko im Einsatz im Weser Kurier

Schrift & Graffiti

Ich weiß nicht ob Schrift und Graffiti viel miteinander zu tun haben. Also im Graffiti ist natürlich sehr viel Schrift, was natürlich interessant ist, weil man ja auch einfach Bilder malen könnte. Aber wahrscheinlich ist es einfacher, Informationen irgendwo in einen Text reinzubringen als in ein Bild. Zumindest eindeutige Informationen. Was ich bei Graffiti interessant finde ist, dass es dann doch von sehr vielen jungen Menschen einen Drang gibt Schriftzeichen zu entwerfen – obwohl ja jeder eigentlich das Fach Schrift in der Schule hasst. Man hat trotzdem den Drang Schriftzeichen zu entwerfen. Da macht glaube ich die Schule etwas falsch, weil sie einem den natürlichen Drang, Schrift zu machen, verdirbt. Und vielleicht ist das auch bei den meisten Schriftdesignern so ein Grund, wie auch bei mir, dass man einen inneren Drang hat, sich in Schrift zu verewigen.